Vom See uf d’Alp
Der ehemalige Bahnhofvorstand von Turbenthal hatte wieder eine spannende Reise organisiert. Anstelle der Bahn wählte er aber den Kleinbus als Transportmittel. Damit gewannen wir die nötige Flexibilität während des ganzen Wochenendes. Gelenkt wurde das Auto vom Stromer, der 2022 in Pension gehen wird.
Der Chauffeur bot einen individuellen Abholservice. An drei Orten konnten die Kollegen zusteigen. Einmal alle an Bord, ging es flott über den Rapperswiler Seedamm hinauf zur immer wieder eindrücklichen Moorlandschaft von Rothenturm. Heute unvorstellbar, aber in den 1970er-Jahren plante das Militär hier einen Waffenplatz. 1972 wurden die Pläne des Eidg. Militärdepartments (EMD) bekannt. Ein heftiger Streit zwischen Armee und Bürgerinnen und Bürgern entbrannte. Warum wollte das EMD gerade hier bauen? Das rund zehn Quadratkilometer grosse Moorgebiet galt über Generationen hinweg als «nutzlos». Während des Krieges wurde Turf abgebaut. Als Ackerland taugte das Moor nicht, deshalb sollte es trockengelegt werden. Das Projekt scheiterte damals nur knapp, weil sich die Bauern nicht einigen konnten. Das EMD wollte eine Kaserne für 500 Soldaten bauen. Im eigentlichen Moor war ein grosses Übungsgelände vorgesehen – mit Pisten und Brücken, Wällen und Stellungen. Kopf des Widerstandes war der Bauer Besmer, der um seine Existenz fürchtete. Trotz der drohenden Enteignung ging der Kampf gegen den Waffenplatz weiter. In nur gerade sechs Monaten kamen 163'000 Unterschriften für die nationale Volksinitiative zum «Schutz der Schweizer Moore» zusammen. Am 6. Dezember 1987 sagte das Stimmvolk deutlich Ja zur Initiative. Der klare Sieg mit 57 % Ja-Stimmen war der Lohn für den jahrelangen Kampf.
Die Männerriegler nutzten Rothenturm für einen Kaffeehalt. Kaffee und Gipfeli wurden vom abwesenden Kollegen gespendet, der früher einmal bei der Basler-Versicherung gearbeitet hatte. «Weshalb hat es auf der Kirche von Rothenturm farbige Ziegel?», fragte der älteste Reiseteilnehmer. «Damit es nicht reinregnet», lautete die Antwort. Nach diesem Witz ging es weiter nach Küssnacht am Rigi, wo ungeplant der Hohlen Gasse noch ein Besuch abgestattet wurde. Obwohl die Männerriegler alle im reiferen Alter sind, hatten nicht alle Reisenden die Hohle Gasse früher schon mal besucht. Oder die letzte Begehung lag Jahrzehnte zurück. Kulturell gestärkt ging es nun hoch auf der kurvenreichen Strasse zum Tagesziel Hotel Rigi-Seebodenalp. Einchecken und dann los auf den Panoramaweg zur Räbalp. Der bisherige sportliche Effort hätte kein so üppiges Mittagessen gerechtfertigt. Aber es war fein und wir haben das gemütliche Zusammensitzen genossen. Der Reiseleiter drängte bald auf den Abmarsch, mussten wir doch um 1500 Uhr wieder zurück im Hotel sein.
Der ehemalige Bahnhofvorstand hatte beim Hotelbesitzer eine Besichtigung der Kleinbrauerei mit anschliessender Degustation organisiert. Zuerst kredenzte uns der Brauer einen selber gebrannten Schnaps, um dann ein frisch gebrautes Bier auszuschenken. Welche Wohltat! Interessant waren die Ausführungen über die Herstellung des Rigi Goldes. Das Bier kann auch in den verschiedenen Restaurants und Hotels auf der Rigi genossen werden. Nach der Besichtigung war ein Konzert angesagt. Die Tochter des Hoteliers sang Jazzlieder, begleitet von ihrer Band. Während wir den Klängen lauschten, blieben wir beim Rigi Gold. Allerdings konnte das früher gebraute Bier dem während der Degustation getrunkenen nicht standhalten.
Der Hotelier von der Seebodenalp kommt ursprünglich aus dem Thurgau. Seine Eltern gehörten zur Familie des Transportunternehmens Hugelshofer in Frauenfeld. Später zog es ihn dann in die Hotellerie. Über sieben Ecken wurde er auf das zum Verkauf stehende Hotel auf 1020 m Höhe aufmerksam. Er erzählte von sehr guten Zeiten als die Reisecars noch Gäste zum Mittagessen oder Kaffee mit Kuchen hochkarrten. Eine Gesetzesänderung machte dann Schluss mit diesem lukrativen Geschäft. Die Männerriege Turbenthal war im Hotel Rigi-Seebodenalp bestens aufgehoben. Ein feines mehrgängiges Nachtessen rundete den Tag ab. Nachher blieb noch viel Zeit für Gespräche. Immer wieder erklang fröhliches Gelächter, vor allem wenn der älteste Anwesende seine Witze erzählte.
Der 2. Tag begann gemütlich mit einem reichhaltigen Frühstück. Der bald pensionierte Chauffeur brachte uns sicher zurück nach Küssnacht am Rigi und von dort weiter nach Vitznau. Die 4er-Gondeln der Wissiflue-Seilbahn sollten uns wieder auf knapp 1000 Meter über Mehr bringen. Brachten sie uns auch. Aber erst als der Reiseleiter bemerkte, dass wir bei der falschen Luftseilbahn anstanden. Gross war das Gelächter. Oben auf der Wissifluh bot sich uns ein fantastischer Rundblick auf Bürgenstock, Brisen, Stanserhorn, Flugplatz Buochs, Vierwaldstättersee und Luzern. Das Mittagessen auf Hinterbergen musste verdient werden mit einem längeren Spaziergang. Diesmal mit der auf Anhieb richtigen Luftseilbahn fuhren wir hinter nach Vitznau. Unsere Kniegelenke dankten uns diesen gemütlichen Abstieg.
Gemäss Programm war in Vitznau eine Überraschung angesagt. Der frühere Bahnhofvorstand lud die Männerriegler zu sich in die Ferienwohnung ein. Dort hatte seine Frau, die im Zoo Zürich arbeitet, einen reichhaltigen Apéro vorbereitet. Nochmals genossen wir die herrliche Aussicht auf die Berge und den Vierwaldstättersee. Die Rückreise führte uns dem See entlang nach Brunnen. Von dort ging es weiter via Sattel, Rothenturm, Seedamm zurück nach Turbenthal. Herzlichen Dank unserem Reiseleiter für die perfekte Organisation und die vielen Überraschungen. Wer diese Aufgabe so gut erledigt, kann in zwei Jahren nicht aufhören. Ein Dankeschön gebührt auch dem Chauffeur. Er hat die grosse Verantwortung souverän getragen.